Die Gilde-Geschichte

 

Allgemeines:

Die Gilden als Schwurgenossenschaften der Bürger prägten neben dem Rat als städtische Obrigkeit durch ihr umfassenes Wesen die Stadt als Rechts- und Schutzgemeinschaft.
Sie übernahm erhebliche Funktionen gemeinschaftsbildender Art, die über den Rahmen der weiteren Familie hinausreichten und sogar den noch früher vorherrschenden Sippenverband ersetzen konnte. Es war eine auf freie Einigung der Mitglieder beruhende Personenvereinigung zu gegenseitigem Schutz und Beistand, zu religiöser und gesellschaftlicher Tätigkeit sowie zur beruflichen und wirtschaftlichen Förderung ihrer Mitglieder. Die das Gildeleben regelnden Statuten wurden im Zusammenwirken mit der städtischen Obrigkeit erlassen. Voraussetzung für eine Mitgliedschaft waren eine freie, eheliche Geburt, guter Leumund, das Bürgerrecht und eine Aufnahmegebühr.

Schützengilden:

Die Schützengilden entstanden im Mittelalter neben den religiösen und gewerblichen Gilden. Wahrzeichen sind hier insbesondere der „Goy“, auch Papagei genannt, als ein vom jeweiligen Schützenkönig zu tragendes Kleinod sowie der auf einer Stange befestigte, bunt bemalte Vogel auf den anfangs mit der Armbrust, später dann mit der Büchse geschossen wurde. Dies geschah in der Regel nach Pfingsten, da der Papagei als ein Bote des Frühlings galt.
Schützengilden haben zwei Ursprungsarten; die ausschließlich als Schützengilden gegründeten wie Kiel (1412) und Wilster (1426) und die aus den geistlichen Gilden hervorgegangenen. Diese nahmen im ausgehenden Mittelalter das Vogelschießen als einen speziellen Aufgabenbereich mit auf, z.B. die Mariengilde Rendsburg (1328) und die Mariengilde Mölln (1413), da die Reformation ihnen im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts den ursprünglichen, nämlich religiösen, Sinn nahm.

Die Ratzeburger Schützengilde:

Der Ursprung der Ratzeburger Schützengilde verliert sich wegen fehlender Urkunden. Sie entstand aber vermutlich noch im 15. Jahrhundert. Dies läßt der silberne „Goy“ aus Form und Haltung vermuten (vgl. Dr. H.-G. Kaack). Insbesondere sind dies seine starren Beine, denn in der Anfangszeit der Gilde wurde der Vogel auf der Kopfbedeckung des Königs befestigt. Hierzu brauchte er einen guten Stand. Spätere, an Ketten getragene, Exemplare haben zumeist die Beine wie im Fluge angezogen.

 

 

Die am Schnabel des Vogels an einer Kette befestigte Goldmünze ließ Hermann von Hessen in seiner Zeit als Kölner Bischof (1480-1508) prägen. Sie kann ihren Weg nach Ratzeburg aber auch erst später gefunden haben. Somit gilt der am Flügel befestigte Schild als der älteste nachweisbare Beleg für das Bestehen der Ratzeburger Schützengilde. Er ist einer von einstmals 67 Schilden, Plaketten und Münzen. Die Schauseite dieses (Königs-)Schildes läßt einen Geistlichen, evtl. sogar einen Domherrn als Stifter vermuten. Auf der Rückseite ist die Jahreszahl 1551 eingraviert.

 

Das Schützenwesen in Ratzeburg stand in enger Verbindung mit der Verteidigung der Stadt und sollte die Wehrfähigkeit der Bürger erhöhen. Als Standorte der Vogelstange können mit ziemlicher Sicherheit der Raum zwischen Garten-, Schweriner und Ziethener Straße sowie der Bereich der ehemaligen Gärtnerei Möller hinter der Straße Am Steindamm ermittelt werden. Neben dem normalen Bürger wurden auch die Landesfürsten Könige unserer Gilde, z.B:

 

1612 Herzog August
1778 König Georg III
1818 König Friedrich VI. von Dänemark

 

Die Ratzeburger Schützengilde heute:

Die Erhöhung der Wehrfähigkeit der Ratzeburger Bürger ist heute dem Breiten- und Freizeitsport, der Traditions- und Brauchtumspflege als Gildezweck gewichen. Zu diesem Zweck wurden in den 1970er Jahren von den Schützenbrüdern der Wachkompanie historische Uniformen der Ratzeburger Jäger aus der Zeit der Dänenhoheit und aus der Zeit Preußens als Landeshoheit erstmals vorgestellt und seitdem -besonders zu den Schützenfesten- repräsentativ getragen.

 

Uniformen der Dänenzeit

Uniformen des Jägerbataillons Nr. 9